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Vorwort

In den vielen Gesprächen mit Eltern, die Rat suchend zu uns kommen, um ihrem Kind zu helfen, den schulischen Anforderungen zu genügen, müssen wir leider immer wieder feststellen, wie diese Eltern in der Bewältigung ihres Problems allein auf sich gestellt sind. Sie sind weder über die Legasthenie selbst noch über die institutionell gebotenen Hilfen und deren sinnvolle Unterstützung zu Hause informiert.

Wie viele Mütter verbringen ganze Nachmittage neben dem Kind am Schreibtisch. Wie viele Väter sitzen noch nach Feierabend mit ihrem Kind zusammen und gehen die Schularbeiten für den nächsten Morgen durch. Doch weder mit gutem Zureden, Lob und Belohnung, noch mit Drohungen und Strafen können sie dem Kind zu besseren Leistungen verhelfen. Nicht selten werden solche häuslichen Mühen zu einer gegenseitigen Quälerei, die mit Wutausbrüchen und Tränen endet. Manche Mutter verzweifelt schier, weil sie meint, mit gutgemeinten Tipps wie: „Die „Bohnen“ schreibt man mit „h“ – das hört man doch!“ dem Kind eine Hilfe zu sein. Wenn der Sohn oder die Tochter nämlich das nächste Mal den Ratschlag anwenden und auch in „Boden“ ein „h“ „hören“ („Bohden“), bekommen sie gesagt, dass man den „Boden“ natürlich nicht mit „h“ schreibe. Was sollen die Kinder jetzt tun? Viele Kinder versuchen, sich die Diskrepanz durch eine selbstgebastelte „Privatregel“ zu erklären, die dann zu den für die Erwachsenen ganz unverständlichen Rechtschreibfehlern führt. Viele Kinder resignieren aber vor dem unüberwindlich scheinenden Berg der Rechtschreibprobleme und entwickeln eine Unlust allem Geschriebenen gegenüber.

Häusliches Üben oder eine außerschulische Nachhilfe, die lediglich den jeweils durchgenommenen Unterrichtsstoff mit dem Kind nacharbeitet, helfen oft nicht. Denn zu leicht ist hierbei die Gefahr eines ständigen „Hinterherhinkens“ gegeben, weil ein Kind, das lange vorher grundlegende Lernschritte verpasst hat, mit der bloßen Nachbereitung des Unterrichts überfordert ist.

Ihm kann eben nur dann wirklich geholfen werden, wenn seine Leistungen vorerst nicht an den aktuellen Anforderungen in der Schule und den Leistungen der Mitschüler gemessen werden. Zuallererst muss die Frage geklärt werden, worin die individuellen Gründe seines Schulversagens liegen und bei welchem Lernschritt es angefangen hat, nicht mehr zu verstehen, worauf es ankommt, so dass alle folgenden Lernschritte an ihm „vorbeigegangen“ sind.

Wir wollen mit diesem RATGEBER zweierlei erreichen: den betroffenen Eltern das Verständnis für die Situation ihres Kindes erleichtern und ihnen zu einer Sicherheit im Umgang mit der Lese-Rechtschreibschwäche bei ihrem Kind verhelfen, indem sie über die Wege konkreter Hilfe informiert werden.

Aber nicht nur den Eltern, sondern auch den Vertretern von Behörden und Fachdiensten, den Lehrern und Erziehern und allen, die am Problem der Beeinträchtigung richtigen Schreiben- und Lesenlernens interessiert sind, will diese Broschüre Aufschluss geben über diese Beeinträchtigung, ihre Folgewirkungen sowie die Möglichkeiten ihrer Behebung.

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